Kurzer Abriss der Geschichte der Kölner Skandinavistik
von Lea Baumgarten
1919–1937
Die Skandinavistik in Köln blickt auf eine neunzigjährige Geschichte zurück. Zwar entstand erst in den sechziger Jahren ein eigenes Institut, doch wurde die nordische Philologie als bedeutende Teildisziplin der Germanistik durch diese in Köln von je her besonders gepflegt und von namhaften Wissenschaftlern, zu denen Friedrich von der Leyen, Hans Sperber, Konstantin Reichardt, Heinrich Hempel und Heinrich Matthias Heinrichs zählen, vertreten. Die Geschichte der Skandinavistik ist hier also zunächst eine Geschichte der Germanistik.
Da die Handelshochschule kein Deutsches Seminar besessen hatte, musste dieses nach der Neugründung der Universität im Jahre 1919 völlig neu aufgebaut werden. Für die Deutsche Philologie wurden zwei Lehrstühle eingerichtet, die zunächst mit Friedrich Panzer und Franz Schultz besetzt wurden. Bereits im Winter des Jahres 1920 ging der Lehrauftrag für Ältere Germanistik auf Friedrich von der Leyen (1873–1966) über, auf den Lehrstuhl für Neuere deutsche Literaturwissenschaft wurde zwei Jahre später der Gelehrte und Dichter Ernst Bertram (1884–1957) berufen. Beide standen ab 1922 gemeinsam dem Seminar als Direktoren vor.
Friedrich von der Leyen hatte alte und neue deutsche Literatur, Geschichte, Philosophie, Sanskrit und Englisch in Marburg, Berlin und Leipzig studiert und 1894 in Berlin promoviert. Er habilitierte sich 1899 mit der Schrift »Das Märchen in den Göttersagen der Edda«. Vor seiner Berufung nach Köln war er außerordentlicher Professor für Germanische Philologie mit Lehrauftrag für Germanische Volkskunde, insbesondere Mythologie, Sagen- und Märchenforschung in München. Seine Lehr- und Forschungsgebiete erstreckten sich vom Gotischen über die deutsche Sprache und Literatur des Mittelalters bis zur neueren deutschen Literatur von der Goethezeit bis zur Gegenwart. Einen besonderen Platz in seinem Schaffen nahmen die Volks- und Altertumskunde, hier v.a. die Märchen- und Sagenforschung, und die ältere und neuere skandinavische Literatur ein. Zu seinen Schülern zählen Kurt Schier und Friedrich Ranke.
Sein Lehrauftrag in Köln umfasste ›Deutsche Philologie, besonders ältere Germanistik, Altnordisch und Deutsche Volkskunde‹. Zu seinen Veröffentlichungen aus dieser Zeit gehören Neubearbeitungen seiner früheren Werke Die Götter und Göttersagen der Germanen (1924 [1909]) und Die deutschen Heldensagen (1923 [1912]) sowie seine Geschichte der deutschen Dichtung (1926) und Volkstum und Dichtung (1933). Er war außerdem u.a. Herausgeber der Reihe »Die Märchen der Weltliteratur«.
Vom ersten Tag seines Wirkens in Köln an betrieb von der Leyen mit größter Einsatzbereitschaft den Auf- und Ausbau des Deutschen Seminars. Sein wichtigstes Projekt war die stetige Erweiterung der Seminarbibliothek. Zur Zeit seiner Übernahme des Lehrstuhls umfasste sie kaum mehr als 30 Bände, bis zu seiner Emeritierung waren es 30 000. Die rasante Entwicklung, die das Seminar währenddessen durchlief, ist an den Studentenzahlen ablesbar: Hatten die beiden Ordinarien 1920 lediglich 25 Studierende zu betreuen, so waren es zehn Jahre später bereits 550.
Von Beginn an fand von der Leyens Leidenschaft für die skandinavischen Sprachen und Literaturen ihren Niederschlag im Lehrangebot des deutschen Seminars. Es ist zu großen Teilen sein Verdienst, dass in Köln eine nordistische Tradition begründet wurde, und seine Bemühungen um die nordische Abteilung des Seminars waren ein erster Schritt zur Gründung eines eigenen Instituts für Nordische Philologie. Er hatte zu seiner großen Freude schon früh ein besonderes Interesse der Studierenden an nordischen Themen festgestellt und bemühte sich, diesem Interesse mit einem möglichst vielfältigen Lehrangebot zu entsprechen. So sorgte er dafür, dass das Altnordische erlernt werden konnte, bot die Übung »Runen und Runeninschriften« an und hielt u.a. die Vorlesungen »Die Edda. Götter- und Heldensagen der Germanen«, »Nibelungenlied und Nibelungensage« und »Heldendichtung, Mythen und Märchen der Germanen«. Die nordische Volkskunde wurde zudem ab 1936 von seinem Assistenten Josef Müller vertreten.
Auch sein Interesse für die neuskandinavische Literatur, das er mit Ernst Bertram teilte, spiegelte sich in der Lehre wieder. Bereits sehr früh fand sich im Vorlesungsverzeichnis ein bemerkenswerter Anteil an Veranstaltungen in diesem Bereich. Das Angebot wurde durch von der Leyen selbst (er hielt die Vorlesungen »Ibsen, Bjørnson, Strindberg« und »Nordische Dichter der Gegenwart (von Ibsen und Bjørnson bis in die neueste Zeit)«) und ab 1933 durch den Dänen Vagn Børge gewährleistet, der bis 1940 in Köln als Lektor für Dänisch, Schwedisch und Norwegisch tätig war. Børge beschränkte seine Lehrtätigkeit nicht auf Sprach- und Literaturkurse, sondern hielt auch regelmäßig Vorlesungen zur neueren skandinavischen Literatur und zum skandinavischen Theater, darunter »Die nordische Literatur des 19. und 20. Jahrhunderts«, »Nordische Literatur der Gegenwart«, »Ibsen und Björnson: Ausdruck des nordischen Geistes«, »August Strindbergs Mystische Dramen«, »Søren Kierkegaard und die drei Lebensstadien«, »Søren Kierkegaard und seine ›Papiere‹«, »Schwedisches Theater zur Zeit Gustavs III.« und »Ludvig Holberg und das dänische Theater«. 1935 veröffentlichte er seine Monographie Der unbekannte Strindberg. Studie in nordischer Märchendichtung, die mit einer Vorrede von Friedrich von der Leyen versehen war. Als er 1940 nach Wien ging, übernahm der Däne Ole Restrup, der gleichzeitig als Lektor für Neunordisch in Bonn angestellt war, seine Aufgaben. Dieser unterrichtete allerdings nur bis 1942 in Köln.
Mit der älteren Nordistik war bereits seit 1920 der angesehene Gelehrte Hans Sperber (1885–1963) betraut. Der 1885 in Wien geborene Sperber, der die schwedische und die deutsche Staatsbürgerschaft besaß, hatte in Wien und Uppsala Germanische und Romanische Philologie studiert und war ab 1919 als Privatdozent für deutsche und nordische Philologie in Köln tätig, nachdem er sechs Jahre lang als Lektor für Deutsch an der Universität Uppsala gearbeitet hatte. Sein Fürsprecher in Köln war der Anglist Arnold Schröer (1857–1935, Rektor 1922/23), der sich seit der Gründung des Deutschen Seminars begeistert für dessen Weiterentwicklung einsetzte und maßgeblich an der Erweiterung der Bibliothek beteiligt war. Sperber war in der Lage, sowohl das Gotische als auch die deutsche und die skandinavischen Sprachen in all ihren Stufen bis zum Neuhochdeutschen und Neunordischen zu lehren. Er unterrichtete die Studierenden außerdem in der neuschwedischen Sprache. Seine Forschungsschwerpunkte lagen auf dem Gebiet der Sprachgeschichte sowie Sprachtheorie und -psychologie, hier besonders auf Bedeutungs- und Wortschatzveränderungen durch Affektdruck und Kulturwandel. In seiner Kölner Zeit veröffentlichte er eine »Einführung in die Bedeutungslehre« (1923) und eine Geschichte der deutschen Sprache (1926). Letztere wurde von seinem Kollegen Karl Carstien als »äußerst klar« und »ausgezeichnet« und von Heinrich Hempel als »gehaltvolle und selbständige Darstellung des Gegenstands«1 bezeichnet. Auf Wunsch Friedrich von der Leyens übernahm er die Leitung der nordischen Abteilung. In dieser Funktion bot er Einführungen in das Altnordische sowie die Seminare »Interpretation nordischer Denkmäler zur Götterlehre und Heldensage« und »Nordische Texte sagengeschichtlichen Inhalts« an. Seine Vorlesungen umfassten u.a. eine »Einführung in das Studium der Edda« und eine »Einführung in die altnordische Sagaliteratur«.
Im August 1925 wurde Sperber zum nicht beamteten außerordentlichen Professor ernannt, einen besoldeten Lehrauftrag erhielt er allerdings erst im Juli 1929, nachdem Friedrich von der Leyen lange Zeit um dessen Erteilung gekämpft hatte. Jahrelang hatte dieser sich unermüdlich dafür eingesetzt, Sperber, dessen Familie noch immer in Wien lebte, da seine Frau dort den Lebensunterhalt der Familie bestreiten musste, seine Tätigkeit in Köln finanziell zu ermöglichen. Bereits im Dezember 1926 wandte sich von der Leyen deshalb an den Dekan der Philosophischen Fakultät. In dessen Schreiben an das Kuratorium wird deutlich, mit welchem Ehrgeiz man auch insgesamt den Ausbau des Deutschen Seminars betrieb:
Der große Andrang der germanistischen Studenten macht nach Ansicht der Herren Direktoren des Deutschen Seminars eine stärkere Differenzierung des Seminarunterrichts notwendig. In Zukunft sollen die Studierenden in beiden Abteilungen durch einen dreistufigen Kurs (Unter-, Mittel-, Oberseminar) geführt werden. Damit wird eine Einrichtung verstärkt, durch welche sich Köln von anderen Hochschulen zu seinem Vorteil unterscheidet. Schärfer als sonst üblich werden damit die sprachlichen Kurse von den literarischen getrennt, sodass die Studenten eine vielfältigere sprachliche, sprachgeschichtliche und sprachpsychologische Ausbildung erhalten. Diese Verstärkung des Unterrichts lässt sich nach Ansicht der Direktoren des Deutschen Seminars aber nur durchführen, wenn für die Seminarübungen auch die Nichtordinarien systematisch herangezogen werden. 2
Doch zunächst blieben alle Bitten ungehört und so war Sperber noch bis ins Jahr 1929 gezwungen, sich in jedem Sommersemester beurlauben zu lassen, um anderweitig zusätzlich Geld zu verdienen. Um diesem unhaltbaren Zustand doch noch Abhilfe zu schaffen, wandte sich Friedrich von der Leyen im Februar 1929 selbst erneut an das Kuratorium und argumentierte dabei vor allem mit Sperbers Kenntnissen auf dem Gebiet der skandinavischen Sprachen und Literaturen:
[…] Sperber [ist] aufgrund seines langen Aufenthalts in Schweden an der Universität Uppsala ein ausgezeichneter Kenner der neuen und alten nordischen Sprachen, vornehmlich des Schwedischen. Er hat dafür an unserer Hochschule ein dauerndes und fruchtbares Interesse zu wecken verstanden. Da es zu unseren Plänen gehört, auch den nordischen Unterricht vielseitig auszugestalten, möchten wir uns die Gelegenheit nicht entgehen lassen, einen Lehrer wie Sperber für das Nordische zu gewinnen.3
Die hier erwähnten Pläne wurden von Bertram und von der Leyen immer wieder vorgetragen. Ihr Schreiben an die Philosophische Fakultät der Universität Köln vom 16. November 1929 zeigt, welch große Hoffnungen man bezüglich der Nordischen Abteilung hegte und aus welchen Gründen man sich so sehr dafür einsetzte:
Die Unterzeichneten ersuchen die philosophische Fakultät der Universität Köln, nunmehr das Nordische als Prüfungsfach im Haupt- und Nebenfach in der Doktorprüfung zuzulassen.
Der Vertreter der germanischen Philologie hat seinerzeit entgegen seiner wissenschaftlichen Überzeugung und nur um die neue Promotionsordnung nicht zu gefährden, auf das Nordische als Prüfungsfach verzichtet. Unterdessen aber ist das Nordische als Prüfungsfach in Haupt- und Nebenfach an der Mehrzahl der deutschen Universitäten zugelassen […]. In Köln ist das Interesse für nordische Studien sehr lebhaft. Wir haben schon wertvolle und begabte Studenten an andere Hochschulen abgegeben, weil wir ihnen die Gelegenheit nehmen mussten, ihre nordischen Kenntnisse und Fähigkeiten im Doktorexamen zu zeigen. Das ist auch deshalb umso bedauerlicher, als Köln, in der Bibliothek Erkes auf der Stadtbibliothek, eine der reichsten Sammlungen für das Nordische und besonders für das Isländische besitzt.
Abgesehen davon, ist die nordische Philologie seit länger als einem Jahrhundert eine eigene, viel verzweigte und selbstständige Wissenschaft von grosser Bedeutung. Ohne Kenntnisse des Nordischen ist eine Erfassung der gesamten germanischen Kultur überhaupt nicht möglich, weder der Sprache, noch der Religion, noch der Heldendichtung. Die Runenforschung hat auf nordischem Boden ihr reichstes Material. Die nordische Kunst führt in die ersten Zeiten der Vorgeschichte und durch alls [sic] Jahrhunderte der Völkerwanderung hindurch bis ins verklingende Mittelalter. In Island hat sich die unvergleichliche Kunst der Saga und der Skalden ausgebildet, die Schätze der volkstümlichen Dichtung sind in den nordischen Ländern überreich. In neuerer Zeit, seit der Mitte des 19. Jahrhunderts, sind die dänische, schwedische und norwegische Literatur an die erste Stelle der Weltliteratur gerückt und haben auf die Entwicklung der deutschen Dichtung entscheidend gewirkt. Ebenso dankt die deutsche Wissenschaft der nordischen Altertumsforschung, der Runenforschung, der Philologie, der Sprachforschung, der Sagenforschung, der Volkskunde unendliches.
Als Anforderung für das Hauptfach, denken wir uns die Beherrschung der altnordischen Sprache und Dichtung und ausserdem die Kenntnis einer neuen nordischen Sprache (schwedisch, dänisch oder norwegisch) und ihrer führenden Dichter. Für das Nebenfach würden mit entsprechender Abstufung die gleichen Forderungen gelten, besonders würden wir darin nicht auf die Kenntnis einer neuen nordischen Sprache verzichten. 4
Ähnlich argumentierte von der Leyen in einem Schreiben an das Dekanat der Philosophischen Fakultät, in dem er um die Weiterbeschäftigung Vagn Børges als Lektor im Sommersemester 1934 bat:
Ich würde es im Interesse unserer Universität für sehr begrüßenswert halten, wenn die nordischen Sprachen für immer gepflegt würden. Nicht nur weil sie für die wissenschaftliche Erkenntnis des nordischen Altertums und der germanischen Vorzeit unentbehrlich sind, nicht nur auch, weil sie den Zugang zu einer besonders merkwürdigen und wertvollen Literatur eröffnen, sondern auch deshalb, weil des [sic] Nordische Bauerntum und Volkstum die Volkshochschule und Volkskunde auch für Deutschland sehr wichtig sind, gerade von diesen Gesichtspunkten aus würde ich Herrn Børge um die Fortsetzung seines Unterrichtes bitten. 5
Währenddessen bemühten sich alle Mitarbeiter des Deutschen Seminars über den Unterricht hinaus um einen regen kulturellen und wissenschaftlichen Austausch mit Skandinavien. Besonders stolz war man darauf, den Studierenden die Möglichkeit zur Teilnahme an Exkursionen in den europäischen Norden bieten zu können, in deren Verlauf zahlreiche Vorträge skandinavischer Gelehrter gehört wurden. 1925 ging es nach Schweden und Dänemark: von Lund nach Stockholm, Visby, Sigtuna, Uppsala und Falun zu den Trollhättan-Fällen und schließlich über Kopenhagen (wo Ernst Bertram einen Vortrag über den Norden und die deutsche Romantik hielt) bis nach Roskilde. 1934 lag der Schwerpunkt dann auf Norwegen: man reiste von Bergen nach Norheimsund und über den Hardangerfjord nach Ulvik und Voss, von dort nach Oslo, wo das Atelier von Gustav Vigeland besucht wurde, dann nach Stockholm und über Kopenhagen und Lyngby nach Århus.
Zu von der Leyens Assistenten in jenen Tagen zählte Konstantin Reichardt (1904–1976, in Köln 1930/31), der später Professor of Germanic Languages and Literatures an der Yale University in New Haven wurde. Geboren in Sankt Petersburg, hatte er in Berlin Indogermanische vergleichende Sprachwissenschaft, Nordische und Germanische Sprache und Literatur, Keltische Philologie und Philosophie studiert und 1927 bei Gustav Neckel mit »Studien zu den Skalden des 9. und 10. Jahrhunderts« promoviert. Vor seiner Berufung nach Yale war er u.a. als planmäßiger außerordentlicher Professor für Nordische Philologie und Leiter der nordischen Abteilung des Germanistischen Instituts an der Universität Leipzig (1931–1937) und an verschiedenen US-amerikanischen Universitäten tätig.
Das Institut im Dritten Reich
Im September 1933 wurde Hans Sperber seiner jüdischen Abstammung wegen im Rahmen des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums die Lehrbefugnis entzogen. Auf den Vorschlag wohlmeinender Kollegen, seine schwedische Staatsbürgerschaft als Schlupfloch zu nutzen, reagierte er ablehnend. In einem Brief an den Dekan der Philosophischen Fakultät schrieb er im April 1933: »Ich bin jüdischer Abkunft, Demokrat und Pazifist, drei Tatsachen, die ich auch dann nicht verleugnen werde, wenn meine Existenz auf dem Spiele steht. Und der Name Schweden ist mir zu viel wert, als dass ich ihn missbrauchen könnte, um mir persönliche Vorteile zu erschleichen.«6
Sperber zog es vor, in die USA zu emigrieren. Dort war er von 1933 bis zu seiner Pensionierung 1955 an der Ohio State University tätig, ab 1936 als Professor. Er lehrte dort die deutsche Sprache und Literatur des 16. und 17. Jahrhunderts. Nach Deutschland kehrte er nur gelegentlich zurück, um Gastprofessuren wahrzunehmen.
Seine Entlassung war ein herber Verlust für die Kölner Altgermanistik. Sofort nach seinem Weggang begann Friedrich von der Leyen mit der Suche nach einem adäquaten Ersatz, der wie zuvor Sperber sowohl die nordische Philologie als auch die deutsche Sprachforschung vertreten sollte. Sein Wunschkandidat war Hans Kuhn, der zu dieser Zeit allgemein als hoffnungsvoller Nachwuchsforscher galt. Von der Leyen bezeichnete seine Arbeiten auf dem Gebiet der nordischen Grammatik und Verskunst als »bahnbrechend«7 und Andreas Heusler hielt ihn laut von der Leyen gar für »den begabtesten unter den jüngeren Germanisten«.8 Er hatte ab 1919 in Göttingen, Marburg und Kiel Germanische und Englische Philologie, Geschichte und Philosophie studiert und 1929 promoviert. Er habilitierte sich 1931 in Marburg unter Karl Helm zum Thema »Zur Wortstellung und -betonung im Altgermanischen« und beschäftigte sich u.a. besonders mit Mundartenforschung und dem isländischen Bauerntum. Friedrich von der Leyen setzte sich sehr engagiert für eine Abwerbung Kuhns aus Marburg ein:
[Er] hat sich durch die Untersuchungen über Sprache und Stil der alten germanischen und nordischen Dichtung an die Spitze der jüngeren Germanisten gestellt und hat ausserdem die bäuerliche Kultur des gegenwärtigen Island studiert wie kein Anderer. Seine Beherrschung des Isländischen ist unübertroffen […]. [G]elingt es, ihn nach Köln zu verpflanzen, so wäre an unserer Universität eine Gelegenheit des Studiums der germanischen Sprachen und Kulturen (Deutsch als Nordisch, Neunordisch, Niederländisch) wie an keiner anderen Hochschule.9
Tatsächlich gelang es, Kuhn vom Sommersemester 1934 bis zum Wintersemester 1935/36 als Dozent mit Lehrauftrag für nordische und germanische Sprachen zu gewinnen. Im Sommer 1936 wechselte er als Vertretung für Gustav Neckel für ein Jahr nach Berlin, kehrte jedoch anschließend nach Köln zurück und blieb bis zum Wintersemester 1937/38. Seine Lehrtätigkeit als Leiter der nordischen Abteilung des Deutschen Seminars umfasste die Vorlesungen »Die Edda«, » Kämpfe und Kultur der Wikinger«, »Altgermanische Dichtung«, »Die altnordische Saga«, »Germanische Altertumskunde«, »Die altgermanische Religion«, und »Island« sowie neben Einführungen in das Alt- und Neuisländische einige Übungen zur germanischen Verskunst und zur Edda- und Sagalektüre.
Im Sommersemester 1938 wurde Kuhn als Vertretung für Konstantin Reichardt auf den Lehrstuhl für Nordische Philologie nach Leipzig berufen und blieb dort bis 1941. Es folgten Professuren in Berlin und Hamburg. 1946 folgte er schließlich einem Ruf nach Kiel, wo er bis 1978 als ordentlicher Professor für Altgermanische und Nordische Philologie tätig war.
Trotz seiner Unterstützung in den Jahren von 1934 bis 1938 litt das Seminar weiterhin unter einer drückenden Personalknappheit. Friedrich von der Leyen wandte sich diesbezüglich mehrmals an den Rektor:
Unser deutsches Seminar ist noch immer das grösste und das besuchteste unserer Fakultät. Wir haben noch immer zirka 200 Mitglieder. Im Semester arbeiten täglich oft gleichzeitig 60 bis 70 Studierende in unseren Räumen, in den Ferien 20– bis 30. […] Die Studierenden arbeiten nicht nur, sie wünschen auch Auskünfte, Beratung und Hilfe.10
Das Potential seines Seminars sah er dabei nach wie vor auch und gerade in der Nordistik. Bereits im Mai des Jahres 1935 hatte er in seiner Denkschrift »Über den Ausbau der nordischen Abteilung am Deutschen Seminar der Universität Köln« die Gründung eines eigenen »nordischen Instituts« vorgeschlagen:
An der Universität Köln umfasst der Lehrauftrag des ordentlichen Professors für ältere deutsche Philologie das Altnordische. Außerdem wirkt dort ein Dozent mit Lehrauftrag für nordische und germanische Philologie und ein Lektor für neue skandinavische Sprachen und Literaturen. Seit 1933 besteht eine eigene nordische Abteilung am deutschen Seminar, die 1934 und 1935 mit Hilfe von Stiftungsmitteln planmäßig ausgebaut wurde.
1925 und 1934 unternahm der Ordinarius mit etwa 20 für das Nordische interessierten Studenten Studienreisen nach Dänemark, Schweden und Norwegen, die besonders der Erkenntnis der nordischen Altertumskunde und Volkskunde galten. Der Dozent für nordische Philologie ist ein ausgezeichneter Kenner der gesamten isländischen Kultur. Neben der Universitäts-Bibliothek in Kiel, hat die Universitäts-Bibliothek in Köln die beste isländische Büchersammlung Deutschland [sic].
In den Einführungskursen des Assistenten des deutschen Seminars wird die nordische Volkskunde besonders berücksichtigt. Auch das Theaterwissenschaftliche Institut der Universität hat eine eigene nordische Abteilung für Theaterwissenschaft geschaffen.
Wir schlagen nun vor, die nordische Abteilung des Seminars zu einem nordischen Institut zu erweitern, das vorerst in den Räumen des Seminars untergebracht bleiben sollte. Dem Institut möchten wir als besondere Aufgabe die Erforschung der Volkskunde und der Volksbildung der nordischen Länder übertragen. Diese Übertragung würde die Entwicklung der nordischen Studien in Köln organisch weiterführen. Sie würde eine wirkliche und zuverlässige lebendige Kenntnis der nordischen Länder ermöglichen und würde zur Vertiefung der deutschen volkskundlichen Studien manches wichtige beitragen. Denn der Norden hat […] seine Überlieferungen auf dem Gebiet der Volkskunde und des Volkstums länger, eifriger und systematischer gepflegt als Deutschland, Volkstum, schöne Literatur, Volksbildung, Altertumskunde bleiben dort in fruchtbarster Wechselwirkung, die sich durch Jahrhunderte bewahrt hat und deren Wert seit langem erkannt ist.11
Er erklärte, zur Durchführung dieser Aufgaben sei die Abhaltung regelmäßig wiederkehrender Vorlesungen und Übungen über die Volkskunde und das Volkstum der nordischen Länder durch ihn als Ordinarius und die Assistenten Kuhn und Müller sowie über nordische Sprache, nordisches Volkstum und nordische Literatur durch drei Lektoren für Dänisch, Norwegisch und Schwedisch unerlässlich. Man benötige außerdem Mittel für Gastvorträge und -dozenturen sowie »ein oder zwei Reisestipendien jährlich für das Studium des Volkstums und der Volkskunde in den nordischen Ländern für besonders Interessierte und entsprechend vorgebildete junge deutsche Gelehrte«.12
Obgleich von der Leyen mit seiner Denkschrift zunächst kein Gehör fand, setzten er und Ernst Bertram sich weiterhin unverdrossen für den Ausbau ihres Seminars ein. In einem 1936 erschienenen Band (Das Deutsche Seminar der Universität Köln)13 gab man einen Abriss des aktuellen Zustands des Deutschen Seminars. Stolz wies man auf die Fortschritte hin, die dieses seit den bescheidenen Anfängen in den zwanziger Jahren gemacht hatte, und erläuterte einmal mehr die Bedeutung der nordischen Philologie für das Fach:
Auf dem Gebiet der Altertumskunde legten wir auf Heldendichtung und Götterdichtung großes Gewicht, hier sorgen wir wieder für die Möglichkeit vergleichender Forschung. […] Runen, Altertümer Mythologie und Heldendichtung führen von selbst in das Altnordische. Unsere nordische Abteilung (sie besteht seit 1923) wurde seit 1933 stark und erfolgreich ausgebaut und eine gute Ergänzung der isländischen Sammlung Erkes unserer Stadtbibliothek.14
Zum bereits nach nur 16 Jahren erheblich gewachsenen Bücherbestand der nordischen Abteilung heißt es weiter:
Der […] nordische Raum enthält: Zeitschriften (allgemeinnordische, altnordische, neunordische), Bibliographien, Führer durch Museen, kleine Schriften, Geschichte, Landeskunde, Kulturgeschichte, altnordische Gesetzessammlungen, Literaturgeschichten. Es folgt das Altnordische: Handschriftenverzeichnisse, Runen und Runenkunde, Edda, Skalden, Saga, Namenkunde, altnordische Wörterbücher. Dann folgen: isländische, norwegische, dänische und schwedische Wörterbücher, Sprachgeschichte und Grammatik, Volkskunde. Den Abschluß bilden die neue isländische, norwegische, dänische und schwedische Literatur. […] Aber die Fortschritte waren zu langsam, die Mittel spärlich und der Zwang, eine umfassende und wertvolle Büchersammlung zu schaffen, wurde immer stärker, denn das Studium entwickelte sich sehr gut.15
Über die Entwicklung der Bibliothek wird darüber hinaus an anderer Stelle vermerkt:
Es bleibt hier freilich noch vieles nachzuschaffen, alles in allem ist unser nordischer Raum die Freude unseres Seminars geworden. Die alte nordische Abteilung ergänzen wir jetzt durch die Bücher über das alte England, ohne die ein Verständnis der Edda sowie der Dichtung und der Zeit der Wikinger nicht möglich wird.16
1937 kam es erneut zu einem bedeutenden Einschnitt für die Germanistik in Köln: Friedrich von der Leyen wurde aufgrund der jüdischen Abstammung seiner Frau (ihr Großvater väterlicherseits war nicht vor 1800 evangelisch getauft worden) zur Emeritierung gezwungen. Er kehrte daraufhin zunächst nach München zurück und kam erst 1946 wieder nach Köln, blieb allerdings nur ein Jahr. Er war noch bis 1953 in München (wie zuvor auch schon in Köln) als Honorarprofessor mit Lehrauftrag für Volkssage und Volksdichtung tätig.
Sein Verlust stürzte die Kölner Germanistik in eine schwere Krise. Das Ministerium zeigte sich nicht sehr engagiert bei der Findung eines Nachfolgers17 und die Suche nach einem dauerhaften Ersatz zog sich bis ins Jahr 1939 hin. Man hatte sich bereits seit dem Weggang Hans Kuhns im Jahre 1938 um Heinrich Hempel (1885–1973) bemüht, der sich 1920 in Bonn mit einer Arbeit »Zur Jómsvíkingasaga« habilitiert hatte und dort zunächst als Privatdozent und seit 1928 als nichtbeamteter außerordentlicher Professor für Germanische Altertumskunde, ab 1936 für Nordische und Germanische Altertumskunde tätig war. Mit seinen breitgefächerten Forschungsgebieten im Bereich der Altertumskunde, der altnordischen Sprache und Literatur, der Stilforschung und der Sprachphilosophie, von denen auch seine zahlreichen Veröffentlichungen (z.B. »Die Handschriftenverhältnisse der Thidrikssaga«, 1924, Nibelungenstudien, 1926, Atlamál und germanischer Stil, 1931, »Der Ursprung der Runenschrift«, 1935, Gotisches Elementarbuch, 1937) zeugten, schien er die ideale Besetzung für den Kölner Lehrstuhl zu sein:
Er beherrscht und vereinigt in sich gerade diejenigen Fächer der Germanistik, die bis vor kurzem in Köln gelehrt worden sind, nach denen hier zur Zeit dringender Bedarf ist und auf deren Vertretung durch einen Ordinarius die Fakultät auch künftig unter keinen Umständen verzichten kann.18
Bereits im Sommersemester 1939 hatte Hempel vertretungshalber die Professur für ältere deutsche Philologie einschließlich Altertumskunde, Volkskunde und Nordisch inne und war bereit, endgültig nach Köln zu wechseln. Doch das Ministerium zog den Königsberger Wolframforscher Gottfried Weber vor, der im April 1937 den Lehrstuhl zunächst vertretungsweise, ab 1939 dann ganz übernahm. Seine Lehr- und Forschungstätigkeit beschränkte sich auf die deutsche Literatur des Mittelalters und wurde zudem von seinen Kollegen keineswegs positiv bewertet.19 Mit dem Umstand, dass dies eine deutliche Einschränkung des bis dahin so vielfältigen Lehrangebots bedeutete und v.a. die Nordistik faktisch nicht mehr vertreten war, wollte man sich in Köln jedoch nicht abfinden. Man versuchte, durch Schaffung eines zweiten Ordinariats Schadensbegrenzung zu betreiben. In einem Schreiben an den Reichsminister für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung brachte Dekan Kauffmann sein Anliegen zum Ausdruck:
Bei Berufung von Herrn Prof. Dr. Gottfried Weber zum Ordinarius in der Philosophischen Fakultät der Universität Köln durch Erlass vom 11.04.1939 […] wurde ihm die durch das Ausscheiden des Professors Dr. von der Leyen freigewordene planmäßige Professur für ›Ältere Deutsche Philologie‹ übertragen. Ich gestatte mir, an einen Bericht vom 22.11.1938 […] zu erinnern, der den Vorschlag enthielt, ein zweites Ordinariat zu errichten mit der Bezeichnung ›Ältere Deutsche Literaturgeschichte‹ und dieses Herrn Professor Weber zu übertragen. Demgegenüber sollte der bisherige planmäßige Lehrstuhl dem neu zu berufenden Professor Dr. Hempel übertragen werden unter der Bezeichnung ›Ältere Deutsche Philologie, einschließlich Altertumskunde, Volkskunde und Nordisch‹. 20
Seinem Gesuch wurde im September 1939 stattgegeben: »Der Lehrauftrag für Prof. Hempel, dessen Berufungsverfahren Fortgang gegeben ist, wird demnächst auf Ältere Deutsche Philologie einschließlich Deutscher Altertumskunde und Altnordisch abgestellt werden.«21
Heinrich Hempel wurde am 28.09.1939 zunächst zum außerplanmäßigen Professor neuer Ordnung, am 04.11.1939 zum außerordentlichen Professor und am 30.09.1940 schließlich zum ordentlichen Professor und Direktor des Germanistischen Instituts ernannt.
Er bewältigte ein sehr umfangreiches Pensum an Lehrveranstaltungen, um sowohl den Bereich der älteren deutschen Sprache und Literatur als auch der älteren und neueren skandinavischen Sprachen und Literaturen abzudecken. Zu seinen Lehrveranstaltungen in der Nordistik gehörten Einführungen in das Altnordische und in die Edda- und Sagalektüre sowie die Übungen »Grundzüge der altnordischen Dichtung« und »Ibsen«. Unterstützt wurde er von Carl Karstien, der als Professor für Vergleichende Sprachwissenschaft am Deutschen Seminar angestellt war und zeitweilig den Unterricht im Altisländischen übernahm.
Zu seinem Assistenten machte Hempel einen seiner Studenten aus Bonner Tagen: Heinrich Matthias Heinrichs (1911–1983) kam zum Sommersemester 1942 als Lehrbeauftragter für Volkskunde nach Köln und blieb bis zum Sommer 1943. Zuvor hatte er bei Hempel mit dem Thema »Zur Stilbedeutung des Adjektivs im eddischen Heldenlied« promoviert und anschließend als DFG-Stipendiat in Greifswald an der Erstellung einer Bibliographie der skandinavischen volkskundlichen Forschung mitgewirkt. Nach einem freien Studium in Hamburg bei Hans Kuhn kehrte er 1948 nach Köln zurück und war bis 1960 am Germanistischen Seminar tätig, zunächst als Assistent und ab 1955 als Diäten-Dozent für Germanische Philologie und Volkskunde. Er habilitierte sich 1952 mit dem Thema »Studium zum bestimmten Artikel in den germanischen Sprachen«. 1958 wurde er zum außerplanmäßigen Professor ernannt. Von 1953 an war er regelmäßig mit Einführungen in das Altisländische betraut. Zu den von ihm angebotenen Lehrveranstaltungen im Bereich der nordischen Philologie zählten außerdem zahlreiche Übungen zur Edda- und Sagalektüre sowie eine Einführung in das Altschwedische.
1960 folgte Heinrichs einem Ruf nach Gießen als ordentlicher Professor. Er erlangte 1967 eine Professur an der Freien Universität Berlin, wo er ab 1967 als Direktor des Germanistischen Seminars und ab dem Sommersemester 1970 als Vorsitzender des Fachbereicherats Germanistik tätig war. Von 1972 bis zu seiner Emeritierung 1978 war er ordentlicher Professor für Germanische Philologie mit besonderer Berücksichtigung der skandinavischen Sprachen und Literatur des Mittelalters.
Nachkriegszeit
Mit dem Zusammenbruch des Dritten Reichs wurde Heinrich Hempel aus seiner Professorenstelle entfernt, jedoch schon 1947 wieder zum Amt zugelassen. Zahlreiche Kollegen und Studenten hatten sich sehr wohlwollend und persönlich für ihn eingesetzt. In ihren Stellungnahmen bezeichneten sie Hempel einhellig als »völlig unpolitisch«22 und seinen Vortrag als »vom strengen Geist der Wissenschaft getragen«.23 Carl Karstien schrieb in seinem Gutachten über Hempels politische Haltung:
Seine Gesamtpersönlichkeit ist die eines, ich darf wohl sagen, völlig weltfremden theoretischen Gelehrten, auch menschlich von völlig einwandfreiem und tadellosem Charakter, der sich wissenschaftlich große Verdienste um die ältere Germanistik erworben hat. Und politisch? […] Ich verbürge mich mit dem ganzen Kredit, den ich politisch als 1. Vorsitzender eines Ortsausschusses unter den […] Deutschen Antifaschisten habe, für die politische Harmlosigkeit und die Zuverlässigkeit des Prof. Hempel im demokratischen Deutschland, wobei ich zum Ausdruck bringen möchte, dass der Fall ‚Hempel‘ sicherlich einen der leichtesten an der ganzen Universität darstellt.24
Hempel stand dem Seminar bis zu seiner Emeritierung 1953 vor. Zu seinem 80. Geburtstag wurde ihm für seine Verdienste um die isländische Literatur und für seine Tätigkeit als Vizepräsident der Deutsch-Isländischen Gesellschaft das Ritterkreuz des Isländischen Falkenordens verliehen.
Sein Nachfolger wurde der bekannte Mystikforscher Josef Quint (1898–1976). Er kam im September 1955 von der Universität des Saarlandes nach Köln. Zuvor war er schon in Bonn und Breslau als Professor tätig gewesen, nachdem er an ebendiesen Universitäten deutsche, englische und romanische Philologie unter Einschluss des Niederländischen, Friesischen, Altnordischen, der neueren nordischen Sprachen und des Provenzalischen studiert und sich 1927 habilitiert hatte. Seine Lehrschwerpunkte waren sehr breit gefächert und erstreckten sich über das gesamte Gebiet der germanischen Sprachen und die Literatur des Früh-, Hoch- und Spätmittelalters. Er war ein ausgewiesener Kenner sowohl der nordischen als auch der alt- und mittelenglischen Sprache und Literatur und konnte eine beeindruckende Liste von ihm gehaltener Vorlesungen aufweisen. Selbst führte er aus:
Meine Hauptvorlesungen behandelten Themen der deutschen, nordischen und englischen Philologie, u.a.: Historische Grammatik der deutschen Sprache unter vergleichender Berücksichtigung sämtlicher übrigen germanischen Sprachen, Geschichte der deutschen Sprache, Geschichte der altgermanischen Literatur, Geschichte der deutschen Literatur von den Anfängen bis zum Ausgang der salischen Zeit, Geschichte der höfischen Literatur des Mittelalters, Geschichte des höfischen Epos, Geschichte der deutschen Mystik, der deutsche Minnesang unter Berücksichtigung der Troubadour- und Trouvère-Lyrik, Walther v. d. Vogelweide, Wolfram von Eschenbach, Gottfried v. Straßburg und die Tristandichtungen des Mittelalters, das Nibelungenlied und die Heldenepik des Mittelalters, die Anfänge des deutschen Dramas im Mittelalter, Meister Eckehart. Ich hielt zudem Vorlesungen und Übungen über Altnordisch mit Interpretation der Sagas und der Eddadichtungen, über Mittelniederländisch, sowie zur Unterstützung der Anglisten in Bonn und Breslau über Alt- und Mittelenglisch mit Interpretation des Beowulf und sonstiger altenglischer und mittelenglischer Literaturdenkmäler ab.25
In Quint war ein engagierter Kämpfer für das Deutsche Seminar gefunden: Bereits in seinen Berufungsverhandlungen setzte er sich für eine dritte Assistentenstelle und Mittel zum Ausbau der Institutsbücherei ein. Er war sich darüber hinaus der traditionellen Vielfalt des Kölner Lehrangebots bewusst. 1955 erwirkte er eine Umbenennung des Lehrstuhls für »Ältere Deutsche Philologie« in »Germanische Philologie«, »um klarzustellen, dass sich der Lehrauftrag nicht ausschliesslich auf die ältere deutsche Philologie, sondern auf die germanische Philologie im weiteren Sinne (z.B. Anschluss des Nordischen, Niederländischen und Gotischen) erstreckt«.26 Das Dekanat stimmte der Änderung unter dem Vorbehalt, dass sich daraus kein Hindernis für eine etwaige Errichtung zweier eigenständiger Lehrstühle für Nordisch oder Niederländisch ergeben dürfe, zu.27
Ab 1956 war Quint Mitglied und vorübergehend stellvertretender Präsident der Deutsch-Isländischen Gesellschaft in Köln. Er blieb bis zu seiner Emeritierung im Jahre 1969 an der Universität, beantragte allerdings 1963 seine Freistellung, um sich ganz seiner Arbeit an der Meister-Eckhart-Ausgabe widmen zu können, mit deren Abteilung »Deutsche Werke« er als Bearbeiter und Herausgeber alleinig beauftragt war.
Mit dem Sprachunterricht in Dänisch und Schwedisch war als Nachfolger Ole Restrups Hermann Höner (1915–2000) betraut. Er hatte Deutsch, Englisch und Skandinavistik in Bonn, Greifswald, Uppsala und Kopenhagen studiert und kam 1947 zunächst als Lektor nach Köln. 1948 wurde er als Wissenschaftliche Hilfskraft angestellt und kümmerte sich als solche insbesondere um die Neuordnung und Erweiterung der nordistischen Abteilung der Seminarbibliothek. Neben den Sprachkursen bot er Lehrveranstaltungen zur neueren skandinavischen Literatur, darunter die Vorlesungen »Überblick über die schwedische Literatur« und »Die nordische Romantik«, an. 1956 verließ er Köln nach zehnjähriger Tätigkeit, um das Lektorat für Deutsch an der Universität Reykjavík zu übernehmen.
Angesichts der stark ansteigenden Studentenzahlen trat Josef Quint 1957 für eine Wiedererrichtung des 2. Ordinariats für Ältere Deutsche Philologie ein und wies dabei besonders nachdrücklich darauf hin, dass »die Altgermanistik neben der Hauptaufgabe, der Vertretung der deutschen Linguistik und deutschen Literatur des Mittelalters in Forschung und Lehre, noch zugleich die verschiedenen nordischen Sprachen und Literaturen sowie das Niederländische zu betreuen«28 habe. Unterstützt wurde er in seinem Ansinnen vom Dekan, der zu den Vorschlägen für die Besetzung des neuerrichteten Ordinariats anmerkte:
Die Fakultät würde es bei ihm [Eduard Neumann] wie bei [Werner] Betz und [Günther] Jungbluth begrüßen, auf dem zweiten Ordinariat für Altgermanistik einen Forscher und Lehrer zu wissen, der in besonderer Weise geeignet ist, auch das Nordische in Vorlesungen und Übungen zu vertreten.29
Zu Jungbluth heißt es außerdem, was ihn auszeichne, sei »die gleichmäßige Beherrschung der linguistischen wie der literarhistorischen Seite der Germanistik mit Einschluss des Altnordischen und der neunordischen Literaturen«, und zu Werner Betz, der seit 1950 in Bonn ein planmäßiges Extraordinariat für nordische Philologie innehatte, wird bemerkt: »Er hielt sich wiederholt und auf längere Zeit in den nordischen Ländern auf und hat auf diese Weise nicht nur eine intime Kenntnis der modernen skandinavischen Sprachen, sondern auch eine unmittelbare Anschauung von Land und Leuten gewonnen«.30
Die Wahl fiel schließlich auf Fritz Tschirch, der zuvor einen Lehrstuhl für Altgermanistik an der Universität Jena innegehabt hatte, jedoch im April 1958 aus der DDR geflüchtet war. Zu seiner Flucht bemerkt er in seinem Lebenslauf, er habe »[m]it dem 31.01.1958 […] aus politischen Gründen [s]ein Amt niedergelegt und [s]eine Entlassung beantragt«. Er sehe für sich, »für den im Mittelpunkt seines Forschens und Lehrens Literatur und Sprache des Mittelalters stehen, keine Möglichkeit mehr zu erfolgversprechender, fruchtbarer Tätigkeit dort«. Darüber hinaus führt er private Gründe an: seine Söhne seien bereits 1952 bzw. 1957 politisch verdächtigt und schließlich ausgewiesen worden.31
Tschirch war bereits im Wintersemester 1958/59 als Vertretung für Josef Quint vorübergehend in Köln angestellt gewesen, während er gleichzeitig eine Diätendozentur in Freiburg innehatte und die Arbeitsstelle des Luther-Wörterbuches in Göttingen leitete. Sein wissenschaftliches Interesse lag neben der figuralen Komposition in mittelalterlicher Dichtung vor allem im Bereich der Linguistik, auch der vergleichenden, mit einem Schwerpunkt auf »Problemen und Fragestellungen des Struktur- und Funktionswandels im Aufbau der deutschen Sprache, zumal im Gefüge ihres Wortschatzes«.32 Als Sprachhistoriker war er bis 1954 Mitarbeiter am Grimmschen Wörterbuch gewesen und schrieb in seiner Zeit in Köln eine zweibändige Geschichte der deutschen Sprache (1966/69).
Da er sich seinen Forschungsschwerpunkten entsprechend in der Lehre auf die Bereiche der sprachhistorischen Aspekte des Deutschen und der deutschen Literatur des Mittelalters beschränkte, wurde die nordische Abteilung weiterhin in der Hauptsache durch Heinrich Matthias Heinrichs repräsentiert. Nach dessen Weggang zum Wintersemester 1960/61 wurde sie noch in Form von Einführungen ins Altnordische (durch Quint und Tschirch) aufrechterhalten, ab dem Sommersemester 1962 beschränkte sich das Lehrangebot dann jedoch auf die Sprachkurse in Dänisch, Norwegisch und Schwedisch, denn auch die neuere skandinavische Literatur war nach dem Weggang Hermann Höners im Jahre 1953 nicht mehr vertreten: Anders als Heinrich Hempel hatte Ernst Bertram nach dem Krieg seine Lehrbefugnis nicht wiedererlangt und war nie an die Universität zurückgekehrt.
Der Lehrstuhl wurde zunächst vertretungshalber mit seinem Schüler August Langen besetzt, bevor 1949 Richard Alewyn nach Köln berufen wurde. 1951 wurde ein zusätzliches Extraordinariat eingerichtet, das 1956 in ein Ordinariat umgewandelt wurde. Abgesehen von einer von Alewyn geleiteten Übung zu Ibsens Dramen im Wintersemester 1954/55 bot keiner der Inhaber der beiden Lehrstühle Veranstaltungen im Bereich der neueren skandinavischen Literatur an. Selbst der Sprachunterricht wurde nicht mehr kontinuierlich erteilt: Im Wintersemester 1963/64 war nur noch das Norwegische vertreten, im folgenden Semester wieder das Norwegische und Schwedische und ab dem Wintersemester 1964/65 fanden sich wieder alle zentralskandinavischen Sprachen im Lehrangebot wieder. Daneben konnte schon seit 1956 das Finnische erlernt werden, das von dem ehemaligen Assistenten des Greifswalder Finnischen Instituts Fritz Keese auf dessen Eigeninitiative hin in den Räumlichkeiten der Germanistik unterrichtet wurde.
Fritz Tschirch wurde im Jahre 1969 emeritiert. Ihm folgte auf dem Lehrstuhl Joachim Bumke, der der mediävistischen Abteilung der Kölner Germanistik durch seinen Beitrag zur Nibelungenforschung und seine vielbeachteten Studien zur höfischen Kultur zu großem Ansehen verhalf.
Das eigene Institut
Im Verlauf der sechziger Jahre musste angesichts der steigenden Studentenzahlen (1968 zählte die Germanistik 1700 Studierende) die Zahl der Lehrkräfte weiter aufgestockt werden. Darüber hinaus kam es zur Teilung des ehemaligen Deutschen Seminars in drei Germanistische Institute: Bereits 1964 war zusätzlich ein Lehrstuhl für Nordische Philologie eingerichtet worden, der allerdings erst zum Sommersemester 1967 besetzt wurde. Daneben existierte bereits seit 1965 ein Institut für Niederlandistik.
Der Ordinarius und Direktor des neu gegründeten Instituts für Nordische Philologie war Ulrich Groenke (1924-2013). Er wurde 1924 in Danzig geboren und studierte von 1946 bis 1948 Nordische, Slawische und Finnougrische Philologie in Göttingen. Es folgten Studienreisen nach Norwegen und Finnland und von 1951 bis 1953 die Fortsetzung des Studiums der Nordischen Philologie an der isländischen Universität Háskóli Íslands in Reykjavík. Daneben arbeitete er seit 1951 im Rahmen des University of Maryland Overseas Program als Instructor in German and Russian. Nach seiner Rückkehr nach Deutschland wurde er 1954 in Göttingen zum Dr. phil. promoviert. 1959 ging er als assistant professor an die Ohio State University, wo er auf Hans Sperber traf. Ab 1963 war er associate professor of German und zeitweilig auch mit russischen und altkirchenslavischen Sprachkursen betraut.
Seine Berufung nach Köln eröffnete Groenke die Möglichkeit, all seine Interessen zur Entfaltung zu bringen und in seiner Lehre zu repräsentieren, denn mit der Zusammenlegung des Finnischlektorats mit den nordischen Lektoraten im Zuge der Neugründung des Instituts für Nordische Philologie war der Finnischunterricht nun an dieses angeschlossen. So konnte Groenke von Beginn an eine Finnische Abteilung etablieren, deren Lehrbetrieb er als studierter Fennist selbst aufrecht erhielt. Regelmäßig und fast ohne Unterbrechung bediente er die handverlesenen am Finnischen interessierten Studenten mit fennistischen Lehrveranstaltungen, darunter Übungen und Vorlesungen zur Typologie des Finnischen, zu den ostseefinnischen Völkern und Sprachen, zu den Anfängen der finnischen Schriftsprache und zum Kalevala. Er legte damit den Grundstein für die Einrichtung einer eigenen Professur für Fennistik in Köln. Den Unterricht in der finnischen Sprache und Landeskunde besorgte weiterhin Fritz Keese, der bis 1974 an der Universität blieb. Ihm folgte als Lektor Karl-Heinz Rabe.
Gegenstand des Faches Nordische Philologie sollten in Köln laut Institutsspiegel die »Sprachen, Literaturen, Landeskunde Islands, Norwegens, Dänemarks, Schwedens, Finnlands« sein. Dementsprechend bemühte sich Groenke um ein ausgeglichenes und vielfältiges Lehrangebot. Obgleich er als Forscher hauptsächlich sprachwissenschaftlich ausgerichtet ist, bediente er ebenso engagiert das Interesse der Studierenden an der neuskandinavischen Literatur. Diese war wie das Altnordische kontinuierlich vertreten, und ließ vor allem auch Assistenten und Lehrbeauftragte zum Zuge kommen, um einen möglichst weit gespannten Rahmen des Lehrangebots zu gewährleisten. Im Mai 1969 schrieb er an seinen Tübinger Kollegen Wilhelm Friese, der ihn im Winter 1971 während seines Forschungsfreisemesters vertreten sollte, es wäre ihm »sehr lieb, wenn das Literaturstudium in Köln eine kräftige Injektion bekäme«. Er selbst interessiere sich auf diesem Gebiet insbesondere für die isländische Literatur, die norwegische landsmål-Literatur und den norwegischen Barock.33
Zusätzlich wurde die Neuskandinavistik durch den Norweger Knut Brynhildsvoll vertreten, der mit Ausnahme weniger Unterbrechungen von 1965 bis 2004 durchgehend in Köln tätig war. Er hat sich als Wissenschaftler mit einem breiten Spektrum der neueren skandinavischen und deutschen Literatur befasst, wovon seine zahlreichen Veröffentlichungen auf diesem Gebiet Zeugnis ablegen. In Köln war er zunächst Lektor für Norwegisch, habilitierte sich 1982 und war fortan als Privatdozent, ab 1989 als außerplanmäßiger Professor tätig. Zu seinen Lehrveranstaltungen zählen neben dem weiterhin von ihm erteilten Sprachunterricht und zahllosen Seminaren, Übungen und Kolloquien die Vorlesungen »Skandinavische Literatur zwischen den Weltkriegen«, »Formen und Typen des Gegenweltentwurfs in der skandinavischen Literatur seit dem 19. Jahrhundert«, »Raumkonzeptionen in der modernen skandinavischen Literatur«, »Hauptzüge der skandinavischen Literaturen seit 1890. Autoren – Tendenzen – Entwicklungen«, »Henrik Ibsen – Immer noch ein Erlebnis der Deutschen?«, »Zur Geschichte und Theorie der Moderne in Skandinavien«, »Skandinavische Romantik« und »Die Entstehung und Ausdifferenzierung der Moderne in der skandinavischen Literatur der Jahrhundertwende«.
Ulrich Groenkes erste Vorlesung in Köln (im Sommer 1967) war eine Einführung in das Altwestnordische, die zweite hielt er zum Thema »Island von der Entdeckung bis zum Untergang des Freistaats«. Es folgten »Island vom Alten Vertrag bis zur Gründung der Republik«, »Der Erste grammatische Traktat«, »Isländisch: Kultursprache im technischen Zeitalter«, »Geschichte der isländischen Sprache«, »Norwegen von Kalmar bis Eidsvoll«, »Zur Geschichte und Kulturgeschichte Skandinaviens«, »Die Sprachen Skandinaviens«, »Altwestnordisch – Neuisländisch – Neunorwegisch« und »Rudimenta Faroensica«.
Über den Lehrbetrieb hinaus sorgte er mit viel Kampfgeist für die Möglichkeit der lebendigen Erfahrung skandinavischer Kultur und des sich darin entfaltenden wissenschaftlichen Diskurses. So erwirkte er 1969 die regelmäßige Bereitstellung von Mitteln aus dem Universitätshaushalt für je einen nordistischen und einen finno-ugristischen Gastvortrag pro Semester und konnte in den folgenden Jahren zahlreiche namhafte Wissenschaftler für solche gewinnen. Außerdem lud er einige Schriftsteller, zu denen Tomas Tranströmer, Jaan Kross, Sven Delblanc, Gunnar Harding, Gudmund Vindland und Poul Dam zählten, zu Dichterlesungen nach Köln ein. Seit 1971 war er Mitherausgeber der Zeitschrift Skandinavistik.
1989, im Jahre seiner Emeritierung, wurde ihm das Großritterkreuz des Isländischen Falkenordens verliehen. Er unterrichtete und prüfte noch bis ins Jahr 2005 am Institut.
Als sein Nachfolger wurde 1990 Gert Kreutzer (geb. 1940 in Glatz, Schlesien) nach Köln berufen. Dieser hatte von 1960 bis 1966 Germanistik, Latein und Nordische Philologie in Münster und Tübingen studiert und anschließend als Gymnasiallehrer gearbeitet, bevor er 1970 als Verwalter der Assistentenstelle bei Dietrich Hofmann an das Nordische Institut der Universität Kiel kam. 1973 promovierte er bei ebendiesem zum Thema »Die Dichtungslehre der Skalden. Poetologische Terminologie und Autorenkommentare als Grundlagen einer Gattungspoetik« und wurde im Februar 1974 zum Wissenschaftlichen Assistenten ernannt. 1982 habilitierte er sich mit seiner Schrift »Schwangerschaft, Geburt und früheste Kindheit in der altnordischen Literatur« und wurde 1986 akademischer Oberrat auf Zeit. Im Februar 1990 wechselte er als außerplanmäßiger Professor von Kiel nach Köln und wurde im September desselben Jahres zum ordentlichen Professor ernannt.
Seine Lehr- und Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich der altnordischen Dichtung (Edda und Skaldik) und Sagaliteratur, der skandinavistischen Kulturwissenschaft sowie der neueren skandinavischen, insbesondere auch der neueren isländischen Literatur, deren Rezeption in Deutschland er als Herausgeber und teils auch Übersetzer der Reihe »Isländische Literatur der Moderne« besonders förderte. Er ist außerdem seit 1986 Mitherausgeber der Zeitschrift Skandinavistik.
Zusammen mit Knut Brynhildsvoll sowie seinen Assistenten Paul Berf (WS 1993/94–SS 1999), Astrid Surmatz (WS 1999/2000–SS 2001) und Thomas Seiler (WS 2001/02–WS 05/06) gelang es Kreutzer, ein vielseitiges Lehrangebot sowohl im Bereich der neueren als auch der älteren Literatur zu gewährleisten. Zu seinen Vorlesungen zählen »Edda- und Skaldendichtung«, »Streifzüge durch die Kulturgeschichte des alten Skandinaviens von der Bronzezeit bis zum Anfang des Mittelalters«, »Die Geschichte der nordischen Sprachen«, »Grundzüge der isländischen Literatur seit der Reformation« und »Gattungen und Hauptwerke der altisländischen Prosa«. Für das linguistische Propädeuticum war weiterhin Ulrich Groenke verantwortlich.
Neben seiner Lehrtätigkeit führte Kreutzer erfolgreich die Traditionen fort, die Groenke in den langen Jahren seiner Professur begründet hatte: Auch er organisierte zahlreiche Gastvorträge und Lesungen angesehener Wissenschaftler und Schriftsteller (unter ihnen Suzanne Brøgger, Frode Grytten, Sven Lindqvist, Sara Lidman, Jonas Gardell, Kjartan Fløgstad, Solvej Balle und Inger Christensen, um nur einige zu nennen), sowie regelmäßige Exkursionen. Zuletzt begleitete er im August 2007 seine Studentinnen und Studenten nach Island und zeigte ihnen dort einige der interessantesten und schönsten Sehenswürdigkeiten.
Seit 1992 ist Kreutzer Vorstandsmitglied der Deutsch-Isländischen Gesellschaft Köln. 1995 übernahm er die Leitung des »Island-Kolloquiums«. Er ist außerdem Redakteur und Herausgeber der Zeitschrift ISLAND. 1996 wurde ihm wie schon seinen Vorgängern Hempel und Groenke das Ritterkreuz des Isländischen Falkenordens verliehen. Er stand dem Institut bis zu seiner Pensionierung im Jahre 2005 als Direktor vor und liest weiterhin regelmäßig zu literatur- und kulturgeschichtlichen Themen.
2005 wurde Stephan Michael Schröder als sein Nachfolger von Berlin nach Köln berufen. Er leitet seitdem das Institut, das nun, nach jahrzehntelangen Bemühungen und Vorbereitungen um einen Lehrstuhl im Fach Fennistik (besetzt mit Prof. Marja Järventausta) erweitert, seit 2007 als »Institut für Skandinavistik/Fennistik« firmiert.
Ich danke den Mitarbeitern des Universitätsarchivs Köln für die freundliche Unterstützung über ein Jahr hinweg.
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1 Heinrich Hempel an Dekan Schieder, 26.03.1954 (Universitätsarchiv Köln, Personalakte Hans Sperber, Zug. 197 Nr. 865).
2 Dekan Bresslau an den geschäftsführenden Vorsitzenden des Kuratoriums, Geheimrat Prof. Dr. Eckert, 14.12.1926 (Universitätsarchiv Köln, Personalakte Hans Sperber, Zug. 317-III Nr. 1824).
3 Friedrich von der Leyen in einem Schreiben an Dekan Wintgen vom 15.02.1929 (Universitätsarchiv Köln, Personalakte Hans Sperber, Zug. 317-III Nr. 1824).
4 Friedrich von der Leyen und Ernst Bertram an die Philosophische Fakultät, 15.11.1933 (Universitätsarchiv Köln, Personalakte Friedrich von der Leyen, Zug. 44 Nr. 179).
5 Friedrich von der Leyen an das Dekanat der Philosophischen Fakultät, 15.11.1933 (Universitätsarchiv Köln, Personalakte Friedrich von der Leyen, Zug. 44 Nr. 179).
6 Hans Sperber an den Dekan, 20. 04.1933 (Universitätsarchiv Köln, Personalakte Hans Sperber, Zug. 317-III Nr. 1824).
7 Friedrich von der Leyen an das Dekanat der Philosophischen Fakultät, 15.11.1933 (Universitätsarchiv Köln, Personalakte Frriedrich von der Leyen, Zug. 44 Nr. 179).
8 Ebd.
9 Friedrich von der Leyen an das Kuratorium der Universität, 20.12.1933 (Universitätsarchiv Köln, Personalakte Friedrich von der Leyen, Zug. 44 Nr. 179).
10 Friedrich von der Leyen an den Rektor, 07.02.1936 (Universitätsarchiv Köln, Personalakte Friedrich von der Leyen, Zug. 44 Nr. 179).
11 Denkschrift »Über den Ausbau der nordischen Abteilung am Deutschen Seminar der Universität Köln« an den Dekan »mit der Bitte, sie auf dem Dienstweg dem Herrn Minister zukommen zu lassen«, 16.05.1935 (Universitätsarchiv Köln, Personalakte Friedrich von der Leyen, Zug. 44 Nr. 179).
12 Ebd.
13 Das Deutsche Seminar der Universität Köln [o.V.]. Jena: Eugen Diederichs Verlag, 1936.
14 Ebd., S. 7. Hervorhebung im Original.
15 Ebd., S. 14. Hervorhebung im Original.
16 Ebd., S. 7. Hervorhebung im Original.
17 Burgmer, Anne: Die Skandinavistik an der Universität Köln während des Nationalsozialismus [unveröffentlichte Magisterarbeit]. Köln 2005, S. 57.
18 Dekan Kauffmann an den Reichsminister für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung, 22.11.1938 (Universitätsarchiv Köln, Personalakte Heinrich Hempel, Zug. 44 Nr. 602).
19 Burgmer S. 58.
20 Dekan Kauffmann an den Reichsminister für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung, 21. 07.1939 (Universitätsarchiv Köln, Personalakte Heinrich Hempel, Zug. 317-II Nr. 0649).
21 Reichsminister für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung am 23. 09.1939 (Universitätsarchiv Köln, Personalakte Heinrich Hempel, Zug. 317-II Nr. 0649).
22 Dr. Ernesto Peternolli an den Rektor [ohne Datum] (Universitätsarchiv Köln, Personalakte Heinrich Hempel, Zug. 571 Nr. 78).
23 Elisabeth Zylka an den Rektor, 20.11.1946 (Universitätsarchiv Köln, Personalakte Heinrich Hempel, Zug. 571 Nr. 78).
24 Karl Carstien an Education-Officer Dr. Beckhoff, 21.04.1947 (Universitätsarchiv Köln, Personalakte Heinrich Hempel, Zug. 571 Nr. 78).
25 Josef Quint in seinem Lebenslauf für die Universität des Saarlandes (Universitätsarchiv Köln, Personalakte Josef Quint, Zug. 194-III Nr. 1447).
26 Universitätsarchiv Köln, Personalakte Josef Quint, Zug. 194-III Nr. 1447.
27 Ebd.
28 Brief Josef Quints an den Dekan vom 22.01.1957 (Universitätsarchiv Köln, Personalakte Fritz Tschirch, Zug. 197 Nr. 7).
29 Dekan am 25.02.1958 (Universitätsarchiv Köln, Personalakte Fritz Tschirch, Zug. 571 Nr. 106).
30 Universtätsarchiv Köln, Personalakte Fritz Tschirch, Zug. 571 Nr. 106.
31 Ebd.
32 Universitätsarchiv Köln, Personalakte Fritz Tschirch, Zug. 571 Nr. 106.
33 Ulrich Groenke an Wilhelm Friese, 22.05.1969.
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Literatur
Das Deutsche Seminar der Universität zu Köln [o.V.]. Jena 1936.
Burgmer, Anne: »Die Skandinavistik an der Universität Köln während des Nationalsozialismus« [unveröffentlichte Magisterarbeit]. Köln 2005.
König, Christoph, und Birgit Wägenbauer (Hrsg.): Internationales Germanistenlexikon 1800–1950. Berlin 2003.
Kreutzer, Gert: »Hermann Höner in memoriam«. In: ISLAND. 7. Jg., Heft 1 (2001), S. 72–74.
Quellen
Vorlesungsverzeichnisse der Universität zu Köln. Köln 1920–2005.
Personalakten im Universitätsarchiv Köln:
- Zug. 44 Nr. 179; Zug. 571 Nr. 129; Zug. 44 Nr. 76; Zug. 17 Nr. 3419 (Friedrich von der Leyen)
- Zug. 17 Nr. 3419; Zug. 317-III Nr. 1824; Zug. 27 Nr. 68; Zug. 197 Nr. 865 (Hans Sperber)
- Zug. 17 Nr. 536 (Vagn Børge)
- Zug. 17 Nr. 3237 (Hans Kuhn)
- Zug. 44 Nr. 81; Zug. 197 Nr. 16; Zug. 317-III Nr. 955; Zug. 571 Nr. 102 (Carl Karstien)
- Zug. 571 Nr. 196; Zug. 197 Nr. 7; Zug. 44 Nr. 3590 (Fritz Tschirch)
- Zug. 44 Nr. 3589; Zug. 194-III Nr. 1447; Zug. 197 Nr. 33 (Josef Quint)
- Zug. 571 Nr. 78; Zug. 317-II Nr. 649; Zug. 44 Nr. 106 (Heinrich Hempel)
- Zug. 17 Nr. 2110; Zug. 197 Nr. 723 (Heinrich Matthias Heinrichs)